Montag, 17. September 2012

< Rezension > Das andere Kind







Seiten: 670
ISBN: 978-3-7645-0279-9
Verlag: Blanvalet
Preis: € (D) 24,95


Über den Autor:


Charlotte Link ist die erfolgreichste deutsche Autorin der Gegenwart. Ihre raffinierten psychologischen Spannungsromane in bester englischer Erzähltradition sind internationale Bestseller. Allein in Deutschland begeisterten bereits über 15 Millionen verkaufte Bücher ihre Leserinnen und Leser. Ebenso erfolgreich wurden die TV-Verfilmungen, u. a. "Das Haus der Schwestern" und "Die Rosenzüchterin", ausgestrahlt. Charlotte Link lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Frankfurt/Main.


Klappentext:


Eine alte Farm
im Norden Englands.

Eine einsame Landschaft.

Ein düsteres Geheimnis 
aus vergangener Zeit.

Mit tödlichen Folgen für die Gegenwart.


Meinung:


Sieben Menschen treffen sich im ländlichen Nordengland, um eine Verlobung zu feiern. Es kommt zu einem heftigen Streit und am nächsten Tag wird eine der Personen brutal ermordet aufgefunden. Dieser Mord ähnelt jenem, der sich vor drei Monaten an einer jungen Studentin in der Nachbarstadt ereignet hat. Auf den ersten Blick haben die beiden Opfer nichts gemeinsam und jeder der Verdächtigen scheint ein Alibi zu haben. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, denn die Polizei tappt im Dunkeln und niemand weiß, wo der Mörder als nächstes zuschlägt. 

Krimis sind normalerweise nicht mein Lieblingsgenre. Aber als ich dieses 670 Seiten lange Buch in einem Buchladen als preiswertes Mängelexemplar gesehen habe, musste ich es einfach mit nehmen. Es ist mein erstes Buch von Charlotte Link und wird sicher nicht das Letzte gewesen sein. Aber von vorne...

Eine Besonderheit wird gleich am Anfang deutlich: Die Geschichte wird nicht, wie es bei den meisten Büchern der Fall ist, aus der Sicht eines einzelnen Protagonisten erzählt. Man erhält Einblicke in die Gedanken und Leben eines jeden Charakters, schön übersichtlich in nicht zu lange Kapitel unterteilt. Jede der Personen hat seine ganz eigenen Macken und Probleme, es gibt keine "glatten" Charaktere. Jeder geht auf seine Weise mit der Situation um und macht sich seine ganz eigenen Gedanken, genau so, wie es wohl auch im wahren Leben wäre.
Am Anfang hatte ich dadurch schon so meine Schwierigkeiten wieder in die Geschichte hinein zu finden, wenn ich das Buch mal einen Abend außer Acht gelassen hatte. Da ich mir Namen sowieso nur schwer merken kann, musste ich anfangs oft überlegen, wer das denn nochmal war , und welche Rolle er bisher gespielt hat... Nachdem ich die Personen aber jeden für sich besser kennen gelernt hatte, war auch das kein Problem mehr.

Zudem tauchen Schriftstücke auf, die ein 60 Jahre zurück liegendes, sehr düsteres Familiengeheimniss dokumentieren. Die Handlung springt also von der Gegenwart, in der es darum geht, die Morde aufzuklären, in die Vergangenheit, die mich persönlich sogar noch mehr gefesselt hat. Mehr als einmal war ich wirklich versucht, die Gegenwartskapitel zu überspringen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie die Vergangenheitsgeschichte weiter geht. Diese Geschichte glänzt nicht durch sein atemberaubendes Tempo oder übersprudelnde Emotionen. Trotzdem ist sie unglaublich spannend und bewegend, wohl auch deshalb, weil man sich durchaus vorstellen kann, dass so etwas tragisches zu Kriegszeiten wirklich möglich gewesen wäre.

Die Autorin lässt ihre Leser gerne mal einen Blick auf die zum Teil zerbrechliche Psyche ihrer Charaktere werfen. Als Leser stellt man sich dadurch oft Fragen wie: Was hätte ich getan? Hätte man weg gesehen oder gehandelt? Könnte man Menschen, die einem nahe stehen, eines Mordes verdächtigen? Oder würde man sogar versuchen, einen Freund zu schützen, auch, wenn man nicht von dessen Unschuld überzeugt ist?

Inspektor Valerie Almond versucht mit allen Mitteln, die Morde aufzuklären und nimmt dabei jeden Verdächtigen genau unter die Lupe. Doch immer, wenn ich das Gefühl hatte, ich hätte eine Ahnung, wer der Täter war, wurde das nächste Kapitel aus dessen Perspektive erzählt, und ich war überzeugt davon, dass er unschuldig ist. So bleibt es spannend bis zum Schluss, wobei ich das Ende etwas abgehackt fand. Zwei der wichtigsten Fragen blieben leider mehr oder weniger offen. Zwar kann man sich die Antworten denken, jedoch hätte die Autorin meiner Meinung nach noch ein wenig darauf eingehen können, anstatt die Dinge einfach so stehen zu lassen, damit sich die Leser ihren Teil denken können.

Fazit:

Ein spannender Krimi, mit zwei mehr oder weniger verflochtenen Geschichten, die sich letztendlich leider nicht gegenseitig so aufheben, wie ich es erwartet hätte. Sehr nah am Leben und deswegen umso erschreckender. Perfekt für verregnete Herbsttage und für Krimi-Anfänger.




Dienstag, 11. September 2012

< Rezension > Dustlands - Die Entführung







Seiten: 511
ISBN: 9 783841 421425
Verlag: FJB
Preis: € (D) 16,99

Über den Autor:

Moira Young, geboren und aufgewachsen in British Columbia im Westen Kanadas, hatte als Schauspielerin und Opernsängerin viele Engagements in Kanada und Europa, bevor sie sich dem Schreiben widmete. Heute lebt und arbeitet sie als freie Autorin in Bath, England. "Dustlands-Die Entführung" ist ihr erster Roman.

Klappentext:

"Sie nennen mich den Todesengel.
Weil ich noch nie einen Kampf verloren habe."

Saba wächst am einsamen Silverlake auf, in einer Welt, in der nichts mehr so ist, wie es einmal war. Als bewaffnete Reiter ihren Vater töten und ihren Zwillingsbruder Lugh entführen, schwört sie, ihn zu finden. Sie macht sich auf den Weg durch Wüste und Berge nach Hopetown, wo nackter Terror herrscht. Saba wird brutal gefangen genommen und muss in einer Arena kämpfen, denn von ihrem Überleben hängt alles ab.

Meinung:

Saba lebt mit ihrem Vater und ihren beiden Geschwistern am Silverlake ein bescheidenes Leben. Und das ist auch gut so, denn die Welt da draußen ist schlecht und gefährlich, die Menschen sind schon lange nicht mehr so, wie sie einmal waren. Doch selbst am Silverlake bleibt ihre Familie nicht verschont, bewaffnete Reiter töten ihren Vater und entführen ihren geliebten Zwillingsbruder Lugh. Saba macht sich sofort auf den Weg, Lugh zu suchen und stürzt sich kopfüber in eine gnadenlose Welt, vor der sie sich nun nicht länger verstecken kann...

Es geht wohl den meisten Leuten so, die dieses Buch lesen: Schon nach der ersten Seite war ich ziemlich irritiert über den Schreibstil der Autorin. Saba, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird, verschluckt die Vokale am Ende eines jeden Verbs und auch Anführungszeichen in den Dialogen sucht man vergebens. So bekommt man oft erst spät mit, dass hier gerade jemand etwas gesagt hat und es kein Gedanke von Saba war. Was das Verschlucken der Vokale betrifft, wollte Moira Young damit wohl die "einfach gestrickte" Art unterstreichen, die Saba´s Aufwachsen mit sich gebracht hat. Was keinesfalls bedeutet, dass sie dumm ist, bloß hat sie ihr Leben lang nur mit einer Hand voll Menschen zu tun gehabt und keine sozialen Kontakte erfahren. Auch   Saba´s Gedanken und somit die Schreibweise des gesamten Buches sind sehr geradlinig, man findet dort selten großartige Metaphern, eher kurze und knappe Sätze. Für mich hat die Autorin damit genau ins Schwarze getroffen und schon nach ein paar Kapiteln hat mich diese Besonderheit nicht mehr gestört, im Gegenteil, ich fand es sehr passend.

Am Anfang lernen wir erst einmal Saba und ihre Familie kennen. Ihren Vater, der nach ihrer Aussage den Tod seiner Frau nie richtig verkraftet hat und immer verrückter wird. Ihre kleine Schwester Emmi, die in Saba´s Augen nichts als ein nerviger Störenfried ist. Und natürlich Lugh, Saba´s ein und alles, ihr "Licht" und ihr großer Held. Die Liebe zu ihrem Bruder könnte man fast als ehrfürchtig und fanatisch bezeichnen und so reißt es Saba erst einmal den Boden unter den Füßen  weg, als er so plötzlich und brutal aus ihrem Leben gerissen wird. Sobald sie von ihrem Bruder (der laut Saba "immer vor gegangen ist und ich dahinter") getrennt ist, erwacht etwas in ihr, das sie vorher stets Lugh überlassen hat. Und so zögert sie keine Sekunde, ihrem Bruder ins Ungewisse zu folgen.

Und dieses Ungewisse hat es in sich. Die Geschichte spielt in der Zukunft, wann genau, wird nicht weiter erläutert. Die Umgebung wirkt allerdings eher mittelalterlich, moderne Technologien und Gegenstände sind den Menschen nicht bekannt. Das meiste wurde im Laufe der Zeit zerstört und nicht wieder aufgebaut. Die Autorin hat es mit einfachen Worten geschafft, dass ich mir immer ein genaues Bild der Handlungsorte machen konnte. Sowohl die erschreckende Weite der Wüste, die Saba durchqueren muss, als auch die erdrückende Enge ihres Gefängnisses, hatte ich deutlich vor Augen.
In dieser Zeit gibt es keine Zivilisation mehr und die Menschen sehen Käfigkämpfe als neue Form der Unterhaltung an. Auch Saba wird gefangen genommen und als Kämpferin eingesetzt. Sie stellt sich diesem Schicksal, denn egal, wie schlimm es um sie steht, sie verliert nie ihr Ziel aus den Augen: Ihren Bruder zu retten. Diese Mission lässt sie einiges durchstehen und man kann oft nicht anders, als sie für ihr Durchhaltevermögen zu bewundern, wo man selbst wohl schon längst aufgegeben hätte. 

Saba´s taffe Art lässt sie in mancher Situation herzlos erscheinen, besonders wenn es um ihre kleine Schwester Emmi geht, die man als Leser einfach ins Herz schließen muss. Mit der Zeit ändert sich Saba´s Einstellung jedoch und dieser Prozess war für mich absolut nachvollziehbar und für die Geschichte von großer Bedeutung.

Auch die Romantikerinnen unter uns kommen nicht zu kurz, denn trotz allem ist Saba eine junge Frau, die ihre Gefühle nicht ausblenden kann. Passend zu der Protagonistin ist diese Liebesgeschichte emotional aber kein bisschen schnulzig und somit genau nach meinem Geschmack.

Fazit:

"Dustlands-Die Entführung" ist ein packender Endzeitroman, spannend vom Anfang bis zum Ende. Trotz der erschreckenden Zukunftsvision von Moira Young stoßen wir hier nicht ausschließlich auf rohe Gewalt, sondern auch auf tiefe Gefühle, Freundschaft, Vertrauen und Liebe. Für mich eines meiner Bücherhighlights 2012 und absolut empfehlenswert. Fortsetung folgt leider erst 2013.




Sonntag, 2. September 2012

< Rezension > Shades of Grey - Geheimes Verlangen






Seiten : 608
ISBN : 978-3-442-47895-8
Verlag : Goldmann 
Preis : € 12,99 (D)


Über den Autor:

Die britische Autorin EL James ist Mutter von zwei Kindern und war - bis vor kurzem - Angestellte eines TV-Senders in London. Ihre Shades of Grey - Trilogie erschien in einem australischen Verlag und wurde durch reine Mundpropaganda zu einem der sensationellsten internationalen Bucherfolge der letzten Zeit. Die Übersetzungsrechte wurden in zahlreiche Länder verkauft, und auch Hollywood hat bereits großes Interesse angemeldet. EL James lebt in London.

Klappentext:

Sie ist 21, Literaturstudentin und in der Liebe nicht allzu erfahren. Doch dann lernt Ana Steele den reichen und ebenso selbstbewussten wie attraktiven Unternehmer Christian Grey kennen - und möchte ihn eigentlich schnellstmöglich wieder vergessen, denn die Begegnung mit ihm hat sie zutiefst verwirrt. So sehr sie sich aber darum bemüht: Sie kommt von ihm nicht los. Denn Christian hat etwas in ihr berührt, das sich seitdem nicht mehr verdrängen lässt. Und als Christian einige Zeit später wieder vor ihr steht, kann sie nicht anders, als ihren Gefühlen nachzugeben. Von da an ist nichts mehr wie zuvor. Denn Christian führt Ana ein in eine dunkle, gefährliche Welt der Liebe-in eine Welt, vor der sie zurückschreckt und die sie doch mit unwiderstehlicher Kraft anzieht...

Meinung:

Anastasia Steele ist 21 Jahre alt und hat in Sachen Männer bisher keinerlei Erfahrungen gesammelt. Viel mehr interessiert sie sich für Literatur und ihr Studium. Doch dann begegnet sie dem charmanten und attraktiven Millionär Christian Grey. Obwohl sich Ana anfangs noch etwas sträubt, schafft sie es nicht lange, ihre Gefühle für ihn zu unterdrücken. Und auch, als er ihr seine dunkle Seite eröffnet, ist es schon längst zu spät für Ana, sich von ihm fernzuhalten.

Auch wenn ich anfangs etwas skeptisch gegenüber dem Thema Sadomasochismus war, hat mich der ganze Hype um diese Geschichte doch neugierig gemacht. Und obwohl ich meine Erwartungen extra nicht zu hoch gesteckt habe, konnte mich das Buch leider überhaupt nicht überzeugen.

In den ersten Kapiteln wird bereits sehr deutlich, dass es sich hier mal wieder um das typische Aschenputtel-Klischee handelt: Junges Mädchen, ohne Selbstwertgefühl, trifft Mr Universum, der augenblicklich fasziniert von ihr ist. Nur, dass der Typ diesmal kein Blutsauger ist, sondern ein steinreicher Firmenboss, mit einem Hang zum Sadismus. Aus dieser Vorliebe macht er auch kein Geheimnis, sondern präsentiert ihr gleich am Anfang sein "Spielzimmer", damit sie auch weiß, worauf sie sich gegebenenfalls einlässt. Dafür, dass sie sich anfangs so beharrlich gegen seine Avancen gewehrt hat, ist sie schneller im Bett mit Mr Grey, als man "Fremde-Männer-mit SM-Gruselkammern- im-Keller-sind-gefährlich!" denken kann. Überhaupt wirkt Ana´s Charakter sehr schwach und naiv, sodass man sich im Laufe des Buches fragt, an welcher Stelle genau auch noch ihre Selbstdisziplin flöten gegangen ist. Wenigstens schafft sie es zwischen dem ganzen Erröten und auf der Unterlippe Kauen auch noch hin und wieder ein paar selbstironische Gedanken zu Stande zu bringen.
Christian Grey hingegen ist ein egomanischer Kontrollfreak, ein Mann, der alles kann und alles weiß. Harte Schale, weicher Kern, wie Ana schnell heraus findet. Er gewährt ihr nur sehr selten Einblicke in sein zerwühltes Inneres, ist aber umso mehr darauf fixiert, Ana vor allen erdenklichen Gefahren zu schützen.

Auf mich wirkten die beiden Charaktere nicht sehr authentisch, sondern wie zwei Figuren, die einfach nur konsequent ihre Rollen spielen. Was mich besonders irritiert hat ist, dass Christian erst 26 Jahre alt ist, sein Verhalten und seine Art zu reden jedoch eher denen eines mindestens 10 Jahre älteren Mannes entsprechen. 

Die Autorin ist sehr darauf bedacht, ihre Leser intensiv an Ana´s Gefühlschaos teilhaben zu lassen. Meiner Meinung nach zu sehr, denn teilweise verrennt sie sich dermaßen in Ana´s Gedankengängen, dass ich irgendwann ziemlich genervt war. Auch wurde sie nicht müde, gewisse Dinge bis ins Unerträgliche zu wiederholen. So müssen wir auf gefühlt jeder zweiten Seite noch einmal durchkauen, wie unglaublich attraktiv, sexy, begehrenswert, elegant, ... Christian Grey doch ist. Ich für meinen Teil hatte schnell genug davon, mir ellenlange Lobeshymnen über seinen Astralkörper, sein Haar, das kupferfarben in der Sonne glänzt, seinen Augen, von einem Grau wie flüssiges Silber und seinen anmutigen Bewegungen anzuhören. Auch wird bei so gut wie keiner Sexszene vergessen zu erwähnen, welch beachtliche Größe seine "Männlichkeit" doch hat und dass er Ana stets "vollständig auszufüllen scheint".

Die Problematik der Geschichte liegt wohl darin, dass hier zwei grundverschiedene Welten aufeinander prallen, die sich aber magisch voneinander angezogen fühlen. Auf der einen Seite ein Mann, der den Drang hat, wirklich alles um sich herum, vor allem seine Geliebte, zu kontrollieren. Auf der anderen Seite eine junge Frau, die hin und her gerissen ist zwischen ihren tiefen Gefühlen und ihrer Angst, sich zu unterwerfen. Dass Ana sich nicht komplett unterwirft, sondern hier und da auch mal ein bisschen rebelliert, sorgt für Bewegung im Verlauf der Geschichte, allerdings kann ich hier nicht von wirklicher Spannung sprechen.

Fazit:

EL James hat mutig ein neues Thema in ein schon oft da gewesenes Ausgangsszenario (Traumprinz verliebt sich in Mauerblümchen) verpackt und damit bei Millionen von Lesern ins Schwarze getroffen. Da ich mich aber nur selten für große Liebesdramen und schwache Hauptprotagonistinnen erwärmen kann, war dies bei mir nicht der Fall. Das Buch bekommt von mir ein Herzchen dafür, dass ich zumindest den Schreibstil hin und wieder ganz lustig fand.





Mittwoch, 29. August 2012

< Rezension > Godspeed - Die Reise beginnt



Seiten : 448
ISBN : 978-3-7915-1676-9
Verlag : Cecilie Dressler
Preis : € (D) 19,95 

Ein Planschnitt der Godspeed auf der Innenseite des Einbandes.


Über den Autor:

Beth Revis, geboren und aufgewachsen in den Ausläufern der Appalachen in North Carolina/USA, schrieb schon während der Schule lieber Kurzgeschichten, statt dem Unterricht zu folgen. Diese Gewohnheit behielt sie auch an der Universität bei - aus ihren Kurzgeschichten waren mittlerweile halbe Romane geworden. Nach ihrem Abschluss an der NC State University in Englischer Literatur wurde Beth Revis Lehrerin. Da sie es auch weiterhin nicht lassen konnte, Geschichten zu schreiben, statt Essays zu korrigieren und Unterrichtspläne zu erstellen, hat sie sich mittlerweile ganz dem Schreiben gewidmet. Derzeit lebt Beth Revis mit ihrem Ehemann und einem Hund im ländlichen North Carolina/USA. Godspeed-Die Reise beginnt ist ihr Debütroman  und der Auftakt einer Trilogie.

Klappentext:

Die 17-jährige Amy ist einer der eingefrorenen Passagiere an Bord der Godspeed. Sie hat alles zurück gelassen - ihren Freund, ihre beste Freundin, ihr komplettes bisheriges Leben -, um mit ihren Eltern am Projekt Arche teilzunehmen. Amy und ihre Eltern sollen am Ende ihrer Reise zu einem neuen Planeten wieder erweckt werden - 300 Jahre in der Zukunft. Aber 50 Jahre vor der geplanten Landung wird Amys Kühlkasten mysteriöserweise abgeschaltet und sie wird gewaltsam zurück ins Leben gerissen. Hat jemand versucht, Amy umzubringen?
Von nun an ist Amy in einer Welt gefangen, die ihr vollkommen fremd ist. Alle Passagiere der Godspeed folgen gehorsam dem tyrannischen und Furcht einflößenden Anführer. Alle - bis auf den jungen rebellischen Junior, der vom ersten Moment an von Amy fasziniert ist.  Irgendwie fühlt sich Amy zu Junior hingezogen. Aber kann sie einem Jungen vertrauen, dem sein Leben lang der Blick hinter die kalten Metallwände der Godspeed verborgen blieb? Amy weiß nur, dass ihr und Junior nicht mehr viel Zeit bleibt, den schrecklichen Geheimnissen der Godspeed auf die Spur zu kommen.

Meinung:

Die 17-jährige Amy lässt sich zusammen mit ihren Eltern in einen 300 Jahre andauernden Tiefschlaf versetzen, um auf einem neuen Planeten ein neues Leben zu beginnen. Doch etwas geht schief. 50 Jahre zu früh wird sie gewaltsam geweckt und entrinnt nur knapp dem Tod. Nun muss sich Amy in einer Welt zurecht finden, die nicht viel mit ihrer bisherigen gemeinsam hat. Die Bewohner der Godspeed  benehmen sich größtenteils wie emotionslose Roboter und allein das Wort ihres tyrannischen Anführers, dem "Ältesten", ist von Bedeutung. Aber da ist auch noch Junior, der zukünftige Anführer des Schiffes und der Einzige, der Amy von Anfang an zur Seite steht.

Ja, das ist wirklich eine blöde Situation. Doch wer hier eine düstere Stimmung und eine zutiefst deprimierte Protagonistin erwartet, liegt weit daneben. Zwar wird der Leser von Anfang an intensiv in Amy´s Gedankenwelt eingebunden und bekommt ihren Schmerz und ihre Ängste fast hautnah zu spüren, jedoch schafft es die Autorin durch einen angenehm lockeren Schreibstil und gezielt eingesetzten Humor an den richtigen Stellen, die Stimmung nie auf den Tiefpunkt sinken zu lassen. Vielmehr stechen Amy´s Kampfgeist und ihr Mut hervor, was sie mir von Anfang an sympatisch gemacht hat. Sie lässt sich nicht unterkriegen in der neuen Umgebung, in der sie als "Freak" zurück gewiesen wird und lässt sich von niemanden beirren. 

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Amy und aus Junior´s Sicht erzählt. Dies ist besonders interessant für den Leser, da ihm durch Junior die Geschichte und die Regeln der Godspeed näher gebracht werden.
Junior ist bei dem herrischen Ältesten in der Lehre, da er eines Tages in dessen Fußstapfen treten wird. Allerdings geraten die beiden, nicht zuletzt durch Junior´s rebellische Art und seine Neugierde, oft aneinander. 
Eines der größten Hindernisse für Junior ist es wohl, die Autorität seines Mentors in Frage zu stellen, als Amy ihm nach und nach die Augen öfftnet, dass dessen Art zu regieren ganz und gar nicht in Ordnung ist.

Ausserdem quält Amy noch die Angst um ihre Eltern, denn jemand scheint es auch auf die anderen tiefgefrorenen Passagiere abgesehen zu haben. Junior, der von Anfang an fasziniert ist von Amy, macht sich mit ihr auf die Suche nach Antworten und deckt dabei noch eine Menge anderer dunkler Geheimnisse der Godspeed auf...

Und da kommt wirklich einiges zusammen! Zwischen den immer neuen mysteriösen Ereignissen hatte ich kaum Zeit zum Durchatmen. Die Autorin wirft von Anfang an so viele spannende Fragen in den Raum, dass ich die Antworten kaum abwarten konnte. Allerdings gab es auch einige Dinge, die man sich im Laufe des Buches schon selber zusammen reimen konnte, sodass an manchen Stellen leider der Überraschungseffekt verloren ging.  Hier hätte sich die Autorin ruhig ein wenig geheimnisvoller geben können. Trotzdem behielten unerwartete Wendungen und gut durchdachte Auflösungen die Oberhand, sodass am Ende fast alle Fragen beantwortet und ich ziemlich begeistert war. 

Fazit:

Die Idee finde ich sehr gut und die Umsetzung sehr gelungen. Beth Revis hat es geschafft, mich in den Bann des 250 Jahre entfernten Raumschiffes zu ziehen. Der erste Teil der Godspeed-Reihe ist eine spannende Geschichte, die zum Nachdenken anregt, mit einer Liebesgeschichte, die kein bisschen überzogen ist. Dafür, dass bei mir ein paar technische Fragen offen blieben und die Handlung teilweise etwas zu vorhersehbar war, gibt es einen Punkt Abzug. Trotzdem ist es ein toller Auftakt einer neuen, spannenden Trilogie, die ich ganz sicher weiter verfolgen werde.